Sommer im Neubaugebiet Teil 2

Ende August wurde es im „Quartier der Mitte“ wieder lauter. Es liefen erst die Balkontheaterproben und an den Abenden des 25. und 26. August war es dann so weit. Vorhang auf!

Aber kurz zurück: Das „Quartier der Mitte“ in Brandenburg-Hohenstücken ist ein ganz klassisches Plattenbaukarree. Errichtet Ende der 70er Jahre sind erst einige der Wohnblöcke voll saniert. In den anderen Blöcken ist der Leerstand zwar hoch, der Zusammenhalt der verbliebenen Mieter aber nicht minder. Zugleich ist die Erinnerung an 50 Jahre Hohenstücken und besonders an die Aufbauzeit wie fast überall in den Plattenbauvierteln der DDR noch sehr präsent.Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Stadtteils im letzten Jahr entstand in und bei der WBG die Idee, das Thema künstlerisch zu bearbeiten.

Mit Alexandra Wilke (Die Alex) und Michelle Schmidt („Frau Schmidt“) fand die WBG kongeniale Partnerinnen. Sie entführten uns im letzten Jahr in die frühen Träume vom Wohnen im Plattenbau und landeten gemeinsam mit uns beim „Sommer im Neubaugebiet“ in der Realität: Die Alex verließ ihre Plattenbauwohnung mit dem Ziel Berlin. Frau Schmidt blieb.Im Teil 2 in diesem Jahr kehrte Die Alex reumütig zurück und hatte mit Berlin-Mitte gebrochen. Zu voll, zu laut, zu hohe Mieten. Der Zusammenhalt und die Nachbarschaft in der Platte in einer kleinen Stadt im Westen Brandenburgs hatten gewonnen. Dramatische Bühnenszenen und freche Lieder wechselten sich ab und rissen die Zuschauenden mit. Am Ende gab es die vehement verlangte Zugabe.

Die Bühne: zwei Balkons leerstehender Wohnungen. Der Zuschauerraum: die Wiese am Wäschetrockenplatz. Die Stimmung: familiär und fröhlich. Die Zuschauenden: eine bunte Mischung aus Anwohnerinnen und Anwohnern, aus Kunstinteressierten und Leuten, die früher viele Jahre in Hohenstücken lebten.

Nach dem Theaterstück konnten in weiteren, freien Wohnungen Ausstellungen Brandenburger Künstlerinnen und Künstler besichtigt werden. Und viele gute Gespräche geführt werden. Der Stadtteil und das Quartier arbeiten sich aus dem zwischenzeitlich schlechten Ruf als „Ghetto“ kräftig heraus. Die „Platte“ gewinnt wieder an Kraft. Als gute Bausubstanz und Basis für nachhaltiges, modernes und bezahlbares Wohnen. Als Quartiere mit städtischer Infrastruktur, guter Anbindung, aber auch grünen, ruhigen Höfen. Kurz als Ort zum Leben.

Matthias Osterburg, Vorstandsmitglied der WBG: „Und das war es auch, was uns motivierte: Die „Platte“ ist nicht Arbeiterschließfach. Sie ist ein Ort zum Lieben, Lachen, Weinen, Spielen, Arbeiten, Wohnen und allem anderen, was das Leben ausmacht. Dazu gehört Kunst direkt vor Ort erlebbar zu machen. Das ist uns gelungen.“

Nun wird überlegt, wo Teil 3 stattfinden kann. An den beiden Balkonen nicht mehr. Der Block wird im nächsten Jahr saniert. Mit Mitteln der Wohnraumförderung entstehen in der alten Platte moderne Wohnungen mit neuen Grundrissen, großen Balkonen, energiesparender Heizung, erneuerbaren Energien, Aufzügen und vielem mehr. Und bezahlbar werden sie sein. Aber vor allem mit Leben erfüllt.

Filmbericht zum Balkontheater am 25./26. August 2023

Group 3